To Bloom () Florecimiento, 2024

Performative Skulptur aus Hängemattengeflecht und Blumenopfer mit 21,7 % nicht heimischen Blumen und 78,3 % heimischen Blumen

Stell dir vor, deine Knochen sind Korallen. 

 

Stell dir deine Gliedmaßen als tanzende Fäden vor, die mit der Strömung des Wassers verschmelzen und sich mit anderen Wesen verbinden. Sie streifen diverse Strukturen, treffen auf unterschiedliche Körper und bleiben in ständigem Austausch. Jedes unserer Teilchen ist ein Fragment der Geschichte von anderen Menschen oder Dingen, die nicht mehr bestehen – zumindest als eine Einheit –, aber im konstanten Wandel in einer neuen Form der Existenz in verschiedenen Körpern weiterleben. Unsere Knochen, entstanden aus den Körpern unserer Vorfahren, blühen und gedeihen in vollen Zügen. 

 

 Amanda Piñas To Bloom () Florecimiento leitet sich ab aus der Geschichte einer Qualle als Urorganismus, Metapher und Symbol der Transformation: fließend, sich wandelnd, auflösend, wieder erstehend. Nesseltiere (Seeanemonen, Quallen und Korallen) sind transformative Wesen, die sich ihr ganzes Leben lang weiterentwickeln –von an Gestein sitzenden Anemonen hin zu den Quallen, die in der Meeresströmung dahintreiben. Die Metamorphose ihrer Tentakel ist ein Beispiel für Resilienz.  

 

Diese vor 580 Millionen Jahren entstandenen Wesen, die auch heute noch in unseren stark in Mitleidenschaft gezogenen Meeren leben, sind Kalziumquellen, die in Sedimentgestein nachgewiesen wurden und als Fossilien auch menschliche Knochen versorgen. Wasser aus diesem Gestein, das mit den Flüssen in die Täler von Gebirgsregionen getragen wird, führt Kalzium mit, das wiederum Teil des von den Menschen konsumierten Trinkwassers wird und auf diese Weise in unsere Knochen gelangt. Dieses Bild lädt dazu ein, uns unsere Knochen als Korallen vorzustellen, und führt vor Augen, wie sehr wir mit dem Meer verbunden, ja ein integraler Bestandteil der Ozeane sind. 

 

To Bloom () Florecimiento ist eine Reverenz an das Meer, seine Bewohner:innen und deren Verbindung zu den Bergen dank der Flüsse, die wir in unserem Erbe tragen. Mithilfe ritueller Performance, Choreografie und Verkörperung beschwört die Künstlerin die im Flussbett enthaltene Essenz der Ozeane und schafft damit einen zeremoniellen Raum, der das Wasser auf seiner weiten, von Transformation geprägten Reise würdigt. 

 

Diese wunderbare Qualle findet ihren Platz an der Traisen unter der Westbahnbrücke, wo sie sich unter den hochfrequenten Gesängen der dort lebenden Fledermäuse im Wasser hin und her bewegt. Sie breitet im Wasser der Traisen Fäden aus, die von Kunstschaffenden in Izamal/Yucatán und Zacualpan de Amilpas/Morelos in Mexiko gewoben wurden. Im Inneren hält dieses im Wasser schwebende Wesen ein Blumenopfer bereit, um dem Fluss für seine Kooperation zu danken und sein Einverständnis zu erbitten. 

 

To Bloom () Florecimiento ist eine performative Skulptur, die durch Walks, bei denen die Ausführenden zu Wassergeistern und Meereslebewesen werden, aktiviert wird. Tänze und Klänge bringen uns in Kontakt mit diesen Wesen, die auf mannigfaltige Weise gedeihen. Sie verkörpern Geschöpfe aus dem Meer, verschiedene Kreaturen, von denen wir auf unterschiedliche Art lernen, und zahllose Welten – Welten des Seins und Welten der Erfahrung. 

  • Die Kunstwerke von Amanda Pina hängen über dem Fluss Traisen
    © Simon Veres
  • Die Kunstwerke von Amanda Pina hängen über dem Fluss Traisen
    © Simon Veres
  • The School of Mountains and Water Performance © Simon Veres / The School of Mountains and Water
  • The School of Mountains and Water Performance © Simon Veres / The School of Mountains and Water
  • The School of Mountains and Water Performance © Simon Veres / The School of Mountains and Water
  • The School of Mountains and Water Performance © Simon Veres / The School of Mountains and Water
© Bea Borgers

Amanda Piña (1987, Santiago de Chile) ist eine mexikanisch-chilenisch-österreichische Choreografin, Tänzerin und Kulturarbeiterin, die in Wien und Mexiko-Stadt lebt. Amanda Piña ist multikultureller Abstammung und hat spanische, Mapuche- und libanesische (syrisch-palästinensische) Wurzeln. Piña ist eine vielseitige Künstlerin, die choreografisch und tänzerisch forscht, künstlerische und pädagogische Rahmenwerke schafft und kuratiert sowie Publikationen zu den von ihr so bezeichneten „gefährdeten menschlichen Bewegungsbewegungen“ verfasst und herausgibt. Ihre Arbeit wird im Kontext der darstellenden und bildenden Kunst präsentiert und wurde in verschiedenen Theatern, Festivalgalerien und Museen auf der ganzen Welt gezeigt, darunter die Kunsthalle Wien, Transit SK, Fondation Cartier pour l'Art Contemporain Paris, Festival Paris d'Automne, MUMOK Museum Moderne Kunst Wien, deSingel Arts Campus Antwerpen, Kunstenfestivaldesarts Brüssel, Museo Universitario del Chopo, México und GAM Centro Cultural Gabriela Mistral, Santiago de Chile und andere.