Never Give Up the Fruit, 2012

Mundgeblasene Glasmelonen, die von hölzernen Balken hängen.

Mit der Melonenlampen-Installation aus mundgeblasenem Glas schlagen Slavs and Tatars in St. Pölten ein neues Kapitel auf und erzählen eine Geschichte über Wasser und Widerstand. Die gelb und grün leuchtenden Teile erhellen das Innere des Wintergartens der Mevlana Moschee, wobei ihr durchscheinendes Material und ihre Form als Reverenz an den Wasserreichtum der Frucht und deren duftende Frische zu verstehen sind. 

 

Fest verankert in der künstlerischen Praxis des Duos – das als „Fraktion der Polemik und Intimitäten, die sich einem als Eurasien bekannten Gebiet östlich der früheren Berliner Mauer und westlich der Chinesischen Mauer widmet“, beschrieben wird –, untersucht Never Give Up The Fruit die symbolische Bedeutung der Melone, die sowohl für Genuss als auch für Widerstandsfähigkeit steht. Die ursprünglich wegen ihrer hydratisierenden Eigenschaften angebauten Melonen und Wassermelonen konnten gelagert werden und dienten in den Trockenperioden als Nährstoff- und Flüssigkeitslieferanten. Archäologische Funde von Melonensamen in der Region des Toten Meeres unterstreichen ihre Bedeutung. 

 

Die in Nordostafrika beheimatete und später – um 2000 vor Christus – auch in Ägypten kultivierte Frucht zeichnet sich besonders wegen ihrer Eigenschaften als Flüssigkeitsund Nahrungsspeicher sowie ihrer guten Lagerfähigkeit unter kühlen und schattigen Bedingungen aus. Reste von Wassermelonen wurden in den Grabkammern ägyptischer Pharaonen gefunden, wo sie als Wasserquelle auf der langen Reise nach dem Tod dienen sollten. 

 

Krimtataren sollen die Wassermelone schon vor Jahrhunderten in die Gegend von Cherson in der Ukraine gebracht haben. Während des Zweiten Weltkrieges haben die Bewohner: innen der Region Melonen zu Melasse oder Marmelade verkocht, um der Zuckerknappheit beizukommen. 2023 wurde die Wassermelone zum Symbol von Chersons Befreiung von den russischen Besatzern. Über ihre biologische Bedeutung als Flüssigkeitsspender hinausgehend, hat sich die Wassermelone in der palästinensischen Kultur zu einem wichtigen Symbol des Widerstandes entwickelt, mit dem das Verbot, die palästinensische Flagge zu zeigen, umgangen wird. 

  • Die Kunstinstallation von Slavs & Tatars
    © Philipp Ottendörfer
  • Die Kunstinstallation von Slavs & Tatars
    © Simon Veres
© Molla-Nasreddin

Slavs and Tatars ist ein international renommiertes Kunstkollektiv, das sich mit einem Gebiet östlich der ehemaligen Berliner Mauer und westlich der Chinesischen Mauer beschäftigt, bekannt als Eurasien. Seit seiner Gründung im Jahr 2006 hat das Kollektiv ein feines Gespür für polemische Themen in der Gesellschaft bewiesen und durch eine ganz eigene Form der Wissensproduktion neue Wege für den zeitgenössischen Diskurs geebnet: Sie greifen auf Populärkultur, spirituelle und esoterische Traditionen, mündliche Überlieferungen, moderne Mythen sowie wissenschaftliche Forschung zurück. Ihre Arbeiten waren Gegenstand von Einzelausstellungen in Institutionen auf der ganzen Welt, unter anderem in der Wiener Secession, dem MoMA in New York, Salt in Istanbul und dem Albertinum in Dresden. Die Praxis des Kollektivs basiert auf drei Aktivitäten: Ausstellungen, Publikationen und Lecture-Performances. Das Kollektiv hat bis heute mehr als zwölf Bücher veröffentlicht. Im Jahr 2020 eröffneten Slavs and Tatars die Pickle Bar, eine slawische Aperitivo-Bar mit Projektraum, gleich in der Nähe ihres Ateliers im Berliner Stadtteil Moabit.